Es gibt etwas Zeitloses am Meer. Es erstreckt sich über den Horizont hinaus, seine Oberfläche verändert sich unaufhörlich und flüstert Geschichten, die älter sind als wir alle. Seit Jahrhunderten gehen die Menschen nicht nur zum Arbeiten oder Reisen ans Ufer, sondern auch, um Heilung zu finden. Das Meer, in seiner weiten Stille, war schon immer ein Zufluchtsort für die müde Seele.
Ich habe oft festgestellt, dass Angeln auf offener See mehr als nur ein Zeitvertreib ist – es ist eine Art Therapie. Bei Tagesanbruch, wenn die Luft kühl ist und das erste Licht die Wellen berührt, fühlt sich das Aufbrechen mit der Angelrute wie ein Ritual an. Das Boot treibt, die Leine verschwindet in der Tiefe, und plötzlich rückt der Lärm des Alltags in die Ferne. Es gibt nur das gleichmäßige Schaukeln des Wassers, das Schreien der Möwen über uns und den sanften Rhythmus der Gezeiten.
Angeln lehrt Geduld auf eine Weise, wie es nur wenige Dinge können. Man wirft die Leine aus, ohne zu wissen, was kommen wird oder ob überhaupt etwas kommt. Das Warten ist nicht leer; es ist erfüllt vom Zuhören, vom Beobachten, vom einfach Anwesendsein. In diesen stillen Stunden scheinen Lasten in die Tiefe zu sinken, vom Strom davongetragen. Wunden, die an Land roh erschienen, beginnen in der salzigen Luft zu heilen.
Segeln bringt eine andere Art von Heilung. Die Segel zu setzen und den Wind zu spüren, bedeutet, die Kontrolle auf die befreiendste Weise loszulassen. Das Boot neigt sich in die Brise, gleitet vorwärts mit einer stillen Kraft, die kein Motor je erreichen könnte. Mit jeder Windbewegung lernt man anzupassen, im Einklang mit Kräften zu handeln, die größer sind als man selbst. Segeln erinnert uns daran, dass wir die Elemente nicht bekämpfen sollen, sondern mit ihnen gehen, dem Weg vertrauen, auch wenn wir das Ziel nicht klar sehen. Auf dem offenen Wasser, nur vom Wind und der Strömung geleitet, wirkt das Leben wieder einfach, reduziert auf Balance, Vertrauen und Präsenz.
Das Meer lehrt Demut. Ein plötzlicher Ruck an der Leine kann Aufregung hervorrufen und erinnert uns daran, dass das Leben uns immer wieder überraschen kann, selbst wenn wir glauben, zu wissen, was kommt. Eine Windänderung beim Segeln kann ruhiges Wasser zur Herausforderung machen und lehrt uns, uns schnell anzupassen und das Unkontrollierbare zu respektieren. Doch ob beim Angeln oder Segeln – das Meer enttäuscht nie wirklich. Die Belohnung liegt nicht nur im Fang oder Ziel, sondern in der Stille, dem Salz auf der Haut und der Weite, die uns zeigt, dass Stürme – sei es im Wetter oder im Herzen – immer vorübergehend sind.
Es gibt einen Grund, warum man sagt, dass Salzwasser heilt: Schweiß, Tränen und das Meer. Gemeinsam erinnern sie uns daran, was es bedeutet, durchzuhalten, zu trauern und schließlich weiterzugehen. Das Meer löscht die Vergangenheit nicht aus, aber es schenkt uns Perspektive. Es lehrt uns, dass Heilung keine sofortige Verwandlung ist, sondern ein Prozess, wie die Gezeiten selbst – manchmal zurückweichend, manchmal kehrend, immer beständig.
Und so werde ich bei jedem Ausflug aufs Wasser, sei es beim Angeln in der stillen Morgendämmerung oder beim Segeln mit dem Wind über den offenen Horizont, daran erinnert: Das Meer heilt alle Wunden, nicht indem es sie nimmt, sondern indem es uns hilft, sie leichter zu tragen.