Heute ist Jugo, und ich muss einen Blog schreiben: Ein verzweifelter Tag im dalmatinischen Wind
Die Luft ist dick, mein Kopf ist schwer, und die Motivation ist nirgends zu finden – klassische Symptome eines echten Jugo-Tages. Anstatt mich dem existenziellen Elend hinzugeben, habe ich beschlossen, den Wind zu umarmen und über die beiden berühmtesten Adriabrisen zu schreiben: Bura und Jugo. Denn wenn man sie nicht besiegen kann, kann man sich wenigstens in einem Blog über sie beschweren.
Wenn du Zeit an der kroatischen Küste verbracht hast, hast du sicher schon gehört, dass die Einheimischen für alles – von schlechter Laune bis zu Gelenkschmerzen – den Wind verantwortlich machen. Und sie haben nicht Unrecht! Die Adria wird von zwei dominierenden Winden beherrscht – Bura und Jugo – jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit, und jeder bringt weit mehr durcheinander als nur das Meer. Während Bura Klarheit, Energie und den unverkennbaren Duft von Salz und Kiefern mit sich bringt, hüllt Jugo alles in einen trüben, lethargischen Nebel. Lass uns herausfinden, wie diese Winde sowohl das Wetter als auch die Menschen unter ihrem Einfluss verändern.
Bura ist die strenge Lehrerin unter den dalmatinischen Winden – kalt, kraftvoll und unerbittlich. Sie bläst aus Nordost, wird durch Bergpässe des Dinarischen Gebirges kanalisiert und beschleunigt sich, während sie auf das Meer trifft. Je weiter südlich du gehst, desto seltener, aber nicht weniger beeindruckend ist die Bura. Wer schon einmal versucht hat, auf der Maslenica-Brücke oder in den Straßen von Senj aufrecht zu bleiben, weiß, wovon ich spreche.
Aber Bura ist nicht nur ein Wind, sondern hat zwei Gesichter:
1. Die klare Bura (antizyklonale Bura)
Die gute Version – zumindest laut den meisten Menschen. Sie fegt nach Tagen der Feuchtigkeit herein, klärt den Himmel, bis er so scharf ist wie ein frisch gebügeltes Hemd, und macht die Luft so sauber, dass man von dalmatinischen Hügeln aus angeblich Italien sehen kann (oder es sich zumindest einbildet). Dieser Wind weckt dich auf, schärft deine Sinne und lässt dich einen Spaziergang machen wollen – bis du merkst, dass du von 150 km/h starken Böen zur Seite geschoben wirst.
2. Die dunkle Bura (zyklonale Bura)
Das ist der grummelige, launische Zwilling. Sie bringt Wolken, Regen und im Winter sogar Schnee. Sie lässt Gelenke schmerzen, Nerven kribbeln und sorgt für eine allgemeine Verstimmung. Im Gegensatz zur klaren Bura, die wie ein Espresso wirkt, fühlt sich diese Version eher an wie abgestandener, lauwarmer Kaffee – einfach unangenehm.
Die klare Bura ist ein gern gesehener Gast. Sie fegt die feuchte Schwüle des Jugo fort, bringt frische Luft und gilt als Wind der Erneuerung. Die Menschen atmen besser, schlafen tiefer, und die Alten schwören, dass sogar ihr Rakija nach einer guten Bura besser schmeckt.
Aber die dunkle Bura? Eine andere Geschichte. Wer unter Arthritis, Osteoporose oder Gelenkschmerzen leidet, spürt jede einzelne Böe in den Knochen. Und Migräne? Viele schwören, dass Bura ihre Kopfschmerzen verstärkt, Stunde um Stunde. Da Bura ein kalter Wind ist, verengt sie zudem die Blutgefäße, was für Menschen mit Herzproblemen nicht gerade ideal ist.
Nun zu Jugo – dem Südostwind, der sich langsam anschleicht, die Küste in dicke, feuchte Luft hüllt, das Meer aufwühlt und alle ein bisschen... seltsam macht.
Jugo platzt nicht wie Bura herein, sondern baut sich langsam auf und bleibt oft mehrere Tage. Er ist warm, feucht und trägt eine gewisse Trägheit mit sich, die alle Dalmatiner kennen. Es ist der Wind, der dich aufs Meer starren und über den Sinn des Lebens nachdenken lässt, während du einen Kaffee trinkst, auf den du eigentlich keine Lust hast.
In der dalmatinischen Folklore wird Jugo für irrationale Entscheidungen, schlechte Laune und allgemeine Melancholie verantwortlich gemacht. Manche behaupten, er mache die Menschen poetischer und romantischer, andere sagen, er sei nur eine Ausrede für Faulheit. Tatsächlich gibt es das Sprichwort, dass dalmatinische Gerichte während des Jugo milder urteilen, weil die Angeklagten „unter dem Einfluss des Windes“ standen!
Wissenschaftler erforschen seit Jahren den Zusammenhang zwischen Wetterbedingungen und dem psychischen Zustand von Menschen. Ein sinkender Luftdruck und steigende Luftfeuchtigkeit stehen in direktem Zusammenhang mit der Verschlechterung chronischer Erkrankungen – insbesondere Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Reizbarkeit, Depressionen und Angstzuständen.
Jugo kann auch Schlafstörungen verursachen, und viele klagen über Tagesmüdigkeit. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Mangel an blauem Licht den Melatonin-Haushalt durcheinanderbringt – ein Hormon, das für unseren Schlafrhythmus und unsere Stimmung entscheidend ist.
Wenn Jugo dich in einen lethargischen, reizbaren Zustand versetzt, keine Sorge – es gibt Möglichkeiten, dagegen anzukämpfen. Studien zeigen, dass Bewegung und frische Luft helfen können, die negativen Auswirkungen abzumildern.
Hier ein paar Tipps:
Wenn du klare Luft, endlose Sichtweiten und einen wachen Geist magst, bist du Team Bura. Wenn du aber lange, nachdenkliche Nachmittage und dramatische Gedichte bevorzugst, gehörst du vielleicht zu Team Jugo.
Egal wie – in Dalmatien musst du mit beiden leben. Also, wenn du das nächste Mal ohne Grund gereizt oder unerklärlich erfrischt bist, schau in den Himmel – vielleicht hast du gerade dem Wind zu danken (oder zu verfluchen).